Ob City-Trip in Europa oder Wellness-Wochenende – schon ein paar Tage reichen aus, um entspannt neue Welten zu entdecken. Und zwar auf Guernsey.
Die zweitgrößte der britischen Kanalinseln – die größte ist Jersey – ist nicht Teil des Vereinigten Königreiches. Obwohl Guernsey als sogenannter Kronbesitz direkt der Krone unterstellt ist, gibt es eine eigene Regierung, Gesetze und sogar eine gesonderte Währung (Guernsey Pound). Wer mit klischeehaft schlechtem britischen Wetter und Essen rechnet, wird von Klima und Kulinarik auf Guernsey schnell eines Besseren belehrt.
Direktflüge nach Guernsey gibt es aus Deutschland zunehmend wieder. Nach nicht einmal zwei Stunden in der Luft landet man auch schon nahe der Hauptstadt St Peter Port. Das pittoreske Städtchen ist das kulturelle und wirtschaftliche Herzstück des nur 78 km² großen Eilands. Und selbst mit Umsteigen in London schafft man es ohne Probleme bei Abreise zur Frühstückszeit sein Lunch bereits in Guernsey genießen zu können.
Die Insel ist Idylle pur und bietet trotzdem ein reiches Angebot an Aktivitäten. Ein Streifzug durch St Peter Port, führt vorbei an typisch britischen Cottages, einladenden Restaurants, entzückenden Boutiquen und natürlich auch zahlreichen Banken. Seinen Ruf als Steuerparadies trägt Guernsey schließlich zu Recht. Man erkennt, dass viele Menschen hier wohlhabend sind, nicht jedoch etwa an Prunk oder Protz, sondern vielmehr daran, wie unaufdringlich elegant dekoriert und liebevoll gepflegt alles ist – Understatement at it‘s best.
Wer sich wundert, warum in den Gärten und Straßen überall gegebenenfalls leere Blumenkübel stehen, bekommt die Antwort jedes Jahr im Frühjahr, wenn sich die ganze Stadt zum alljährlichen Guernsey Floral Festival in ein einziges Blumenmeer verwandelt. Und das mit Flower Parade und Blumenkönigin.
Mit ihren subtropischen Pflanzen sowie den wunderschönen Wildorchideen-Wiesen ist Guernsey zudem ein echtes Paradies für Naturfreunde. Aufgrund des sehr milden Klimas gedeihen sogar Zypressen, Bananenstauden und Palmen. Doch auch wenn das Wetter fast schon mediterran anmutet, sollte man sich nicht täuschen lassen: Die Wassertemperatur des Atlantischen Ozeans steigt kaum über 20 Grad und ganzjährig ist eine frische Meeresbrise zu spüren.
Ein Spaziergang durch die sanfte Hügellandschaft oder eine Küstenwanderung entlang der beeindruckenden Steilküste ist der beste Weg, mit der Insel auf Tuchfühlung zu gehen. So freundlich Atmosphäre und Klima in Guernsey sind, so ausgesprochen zuvorkommend und hilfsbereit sind auch die Menschen. Kommt man beispielsweise als Fußgänger in einen Regenschauer, ist es nicht ungewöhnlich, dass sofort ein Auto anhält und anbietet, einen mitzunehmen.
Dass in Guernsey alles ein bisschen anders ist, zeigt sich auch im Straßenverkehr. Strenge Vorfahrtsregeln gibt es hier nicht. Man ist höflich und lässt einander den Vortritt. Mietwagen tragen ein Gelbes H auf schwarzem Grund, das darauf hinweist, dass der Fahrer mit den lokalen Gepflogenheiten nicht so vertraut sein könnte. Als Besucher braucht man aber kein Auto, um die Insel zu erkunden. Vieles ist bequem fußläufig erreichbar und für längere Distanzen bieten sich Busse oder neuerdings Tuk-Tuks an, die sich auch bei Kreuzfahrttouristen zum Sightseeing großer Beliebtheit erfreuen. Denn auch der Tourismus ist ein durchaus bedeutender Wirtschaftsfaktor. Dementsprechend gibt es natürlich auch einige Hotels verschiedener Kategorien von der Luxus-Herberge bis zum charmanten Bed & Breakfast. Ideal gelegen beispielsweise ist das Hotel de Havelet.
Das Vier-Sterne-Haus thront auf einem Hügel von St Peter Port und bietet einen tollen Panorama-Blick über den Hafen bis zu den vorgelagerten Inseln Herm und Sark. Trotz der ruhigen Lage ist das lebendige Stadtzentrum nur um die Ecke. Generell sind Übernachtungen auf Guernsey preislich nicht günstig, aber auch nicht unangemessen teuer. Absolut großartig allerdings ist das Preis-Leistungs-Verhältnis beim Essen. Insbesondere Fisch und Meeresfrüchte sind nicht nur absolut fangfrisch, sondern auch überaus köstlich. Selbst für Delikatessen wie Hummer und Langusten muss man nicht tief in Tasche greifen. Oder man bekommt die Spezialitäten sogar umsonst. Wie das sein kann?
Wöchentlich finden in Pubs diese – bei den Einheimischen äußerst beliebten und von Touristen kaum entdeckten – Veranstaltungen statt. Wie bei einer Lotterie kann man 1 Los für 1 Pfund kaufen und mit ein bisschen Glück, Fleisch- und Seafood-Spezialitäten von Roastbeef bis Lobster gewinnen. Einziger Haken: Die kulinarischen Gewinne werden roh überreicht. Räumt man als Gast einen der begehrten Preise ab, empfiehlt es sich, den Gewinn an einen Einheimischen weiterzuverschenken, der sich garantiert mit einem Drink revanchieren wird. Auf jeden Fall gehört die lebendige Pub-Kultur zu den Dingen, die das sonst so eigensinnige Guernsey „very british“ erscheinen lassen. Wiederum weht ein Hauch von Frankreich über die Insel, denn bis heute wird neben Englisch auch Guernésiais gesprochen, die sich so französisch anhört wie ihr Name verspricht. Das Ergebnis ist die perfekte Mischung: Französisches Savoir-vivre und englische Lebensart verschmelzen zu einem einmaligen Insel-Lifestyle.
Auch ein berühmter Franzose hat seine Spuren auf Guernsey hinterlassen. 14 Jahre lang lebte Schriftsteller Victor Hugo hier im Exil. Sein Zuhause, das Hauteville House, in dem einige seiner größten Meisterwerke entstanden, ist einen Besuch wert.
Einen französischen Namen trägt auch die Manufaktur Le Tricoteur in Rocquaine Bay – hier entstehen die Strickpullover, für die Guernsey weltberühmt ist. Die Fertigung erfolgt auch heute noch an Maschinen aus den 50er Jahren und mit viel Handarbeit. Seefahrer schwören seit Jahrhunderten auf die robuste Wollstruktur der Pullover, die im Fabrikverkauf ab ca. 70 € kosten, eine Mütze aus reiner Wolle ist schon für ca. 20 € zu haben – das perfekte Mitbringsel.
Nur aus Muscheln und Porzellan-Scherben hat ein Mönch 1914 mit dem Nachbau einer Miniatur-Version der Grotte von Lourdes begonnen. Und der Titel „Little Chapel“ ist Programm: Mit einer Länge von nur knapp 5 m und nicht einmal 3 m Breite, ist sie die kleinste geweihte Kapelle der Welt. Übrigens ist die Insel sehr viel jünger, als man vielleicht denken würde. Das zeigt sich unter anderem – aber auch besonders – beim Besuch der nahegelegenen Inseln Herm und Sark. Denn tatsächlich besteht Guernsey nicht nur aus der Hauptinsel. Zu den Guernsey Islands gehören noch vier weitere Inseln: die beiden autofreienInseln Herm und Sark sowie das Naturparadies Alderney und das unberührte Naturschutzgebiet Lihou. Per Fähre sind sie alle nur eine kurze Fahrt entfernt. Ein noch unvergesslicheres Erlebnis allerdings ist es, den kurzen Weg nach Lihou zu Fuß zu gehen. Der große Tidenhub macht es möglich, dass man bei Ebbe auf einer gepflasterten Straße, vorbei an leuchtend grünem Seegras, zum Inselchen laufen kann.
Zwar nicht zu Fuß, aber in nur etwa 20 Minuten von Guernsey mit der Fähre gelangt man nach Herm. Auf diese autofreie Oase der Ruhe leben permanent nur ca. 60 Einwohnern. Nur ein einziges Hotel gibt es. Wer nicht in einem der 40 Zimmer und Cottages des entzückenden White House Hotel absteigen möchte, verbringt die Nacht im Zelt beim Camping. Nicht nur für Touristen, sondern vor allem für die Insulaner selbst, ist Herm ein beliebtes Wochenendziel und eine begehrte Location zum Feiern und Heiraten.
Die faszinierenden weißen Muschelstrände sind das perfekte Motiv – nicht nur für Hochzeitsfotos. Bei einem Spaziergang, entlang der kilometerlangen Traumstrände, kommt echtes Karibikfeeling auf. Die gesamte Insel zu umrunden, dauert etwa 4-5 Stunden. Schließlich ist Herm nur etwa 2,2 Kilometer lang und gerade einmal 900 Meter breit.
Die Fahrt nach Sark führt vorbei an Brecqhou, dem spektakulären Refugium der Barclay-Brüder. 1993 erwarben die Milliardärs-Zwillinge die vorgelagerte Insel und errichteten auf ihr ein eigenes Schloss. Die imposante Residenz gilt als das weltweit zuletzt gebaute Schloss. Aber dahinter ragen die Klippen von Sark noch höher und eindrucksvoller. Mit einer Fläche von 5,5 km² ist Sark immerhin doppelt so groß wie Herm – und sehr selbstbewusst. Die 500 Einwohner sehen sich als unabhängiger Staat. Sie wählen einen Kanzler und einen Präsidenten, die wiederum eigene Gesetze und Regeln beschließen. So eigensinnig da klingen mag, so zugänglich sind die Menschen jedoch Gästen gegenüber. Es ist nicht ungewöhnlich, den Seigneur von Sark (Regierungschef) Christopher Beaumont zu einem Plausch in seinem Garten zu treffen.
Das ideale Fortbewegungsmittel auf der Insel ist das Fahrrad. Eine Tour durch die unberührte Natur und eine Fahrt über die berühmte Brücke „La Coupée“, die Sark mit ihrer kleinen Schwester „Little Sark“ verbindet, ist ein unvergessliches Erlebnis.
Unvergesslich ist eine Reise nach Guernsey sowieso. Hat man sich einmal von der Schönheit der Insel verzaubern lassen und sich auf ihren besonderen Lebensrhythmus eingestellt, verlässt man dieses so nahe Urlaubsparadies entschleunigt, entspannt – und garantiert mit dem Vorsatz, ganz bald wiederzukommen.
Das Lebensgefühl und die Gemütlichkeit in Kombination mit Gelassenheit auf Guernsey zu erleben, habe ich sehr genossen – cool down!
Ganzjährig – je nach Geschmack! Aber sicher ist die Zeit zwischen Mai und September die schönste Zeit.
Wenn man nicht mit einem Charterflug direkt fliegt (mit einem Reiseveranstalter wie z.B. Globalis), ist die Anreise nach Guernsey über London Gatwick am einfachsten. Von dort aus gibt es die meisten Flüge nach Guernsey.
Der Zeitunterschied zwischen Deutschland und Guernsey: minus 1 Stunde
Die Guernsey-Währung heißt Guernsey Pound. Ein Guernsey Pound ist gleich einem UK-Pound. Man kann die Guernsey Pounds aber nur auf den Kanalinseln augeben.
Nach dem Brexit ist eine Einreise nach London nur mit einem Reisepass möglich!
Wandern – Spring Walk Festival
Strände – Guernsey Beach Guide
Museum – Guernsey Museums + Castles
Radtouren – Cycles Tours Guernsey, Herm, Sark, Alderney